Nachruf auf den Kultur-Tod bei Bayern 2, von Schriftstellerin Dagmar Leupold

Nachgerufen

Heute Morgen sah ich im Schaufenster meines benachbarten Teeladens eine kleine Postkarte: 

Es war mir eine Lehre, Sie kennenzulernen, stand darauf. Das, sehr geehrte Frau Wildermuth, ist eine präzise Zusammenfassung meiner totalen Desillusionierung, denn nach einer Woche des reformierten BR2-Programms steht für mich fest: Den Hörerinnen und Hörern, vom permanenten Wettbewerb redlich erschöpft – so Ihre neoliberale Gesellschaftsvision -, werden Snacks für den kleinen Hunger zwischendurch serviert, der Nährwert geht gegen Null. Vollmundig waren allein die Ankündigungen, Kulturoffensive etc.pp. Tatsächlich geht es um sedieren, nicht um inspirieren. Nicht nur die inhaltliche Dürftigkeit sorgt für einen solchentranigen Effekt, sondern auch die vielen Wiederholungen. Bleibt zu hoffen, dass die einschläfernde Wirkung in der Drivetime keine fatalen Folgen zeitigt.

Apropos Vollmundigkeit respektive Mogelpackung: Im Kamingespräch beim Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverband vor wenigen Wochen wurde deutlich, dass Sie eine große Liebhaberin des Denglischen sind, neben der bereits genannten Drivetime gibt es ja auch noch den Changemaker, das Re-Casting und – mehrfach aufgerufen, in ihrer Aussprache -, die Poolposition. Die ist ja eigentlich eine Pole-Position, also ein zugesicherter Platz in der ersten Reihe. Wenn man sich schon im Bereich der Vollgas-Metaphern bewegt, sollte mankollisionsfrei unterwegs sein, eigentlich.

Andererseits: Hach! Wie schön wäre es, wenn sich die Rede von der Pool-Position bewahrheitete und das neue Schrumpfprogramm alsbald baden ginge!

— Dagmar Leupold

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